Tag eins in Windhoek

Gerade habe ich die letzten Dinge aus dem Koffer gepackt - ich bin angekommen. Nur neun Stunden Flug und man ist da, jenseits des Äquators, an einem anderen Ende der Welt. Zum Glück bin ich nachts geflogen, denn ich hätte mich sehr darüber geärgert in der einzigen fensterlosen Reihe des Flugzeuges gesessen zu haben. Ein guter Ersatz für den fehlenden Ausblick war aber die deutsche Lehramtstudentin neben mir. Sie war auf dem Weg die Gemeinde zu besuchen, in der sie zuvor ein Jahr gelebt hatte. Die Berichte ihrer Erlebnisse waren spannend. Als ich sie nach einigen Stunden darum bat nicht nur Schreckensgeschichten von nächtlichen Überfällen oder Giftschlangen im Zimmer zu erzählen, musste sie grinsen. Das Glänzen in ihren Augen reichte als Antwort, es war als wollte sie sagen: Egal wie ungemütlich, unsicher und erschreckend die afrikanische Realität manchmal sein kann, die schönen Erinnerungen lassen dich nie wieder los. Und das sagte sie dann auch.
Shivela, mein neuer Kollege und GTZ-Fahrer, holte mich vom Flughafen ab. Auf der halbstündigen Fahrt vom Flughafen bekam ich einen ersten Eindruck der Landschaft Namibias. Endlose Weiten, nur einige kleine Hütten zwischen den unzähligen Büschen. Dank einer ungewöhnlich nassen Regenzeit ist alles sehr grün. In der Stadt angekommen suchen wir das Haus meiner neuen Vermieterfamilie. Straßennamen kennt hier niemand. Doch irgendwann finden wir das blaue Tor neben dem orangenen Haus am Ende der Straße. Vater M. begrüßt mich, es ist 8 Uhr Morgens, somit eine Stunde später als in Deutschland, denn in Namibia sind die Uhren noch auf Sommerzeit eingestellt.
M. und L. nehmen mich direkt mit in die Innenstadt, wo wir einen Kaffee trinken. Er ist Deutscher, kam aber schon als Kind nach Namibia, sie kommt aus Chicago. Kennen gelernt haben sie sich in Israel. M., die Tochter, steckt mitten in der Pubertät, Sohn C. mitten im Abistress. Auch nicht wegzudenken sind die vier Hunde, aufsteigend sortiert von „bellt, ist aber klein und harmlos“ bis hin zu „sieht nett aus, beißt aber jeden“. Eine verrückte Familie, die nächsten Monate darf in dem kleinen Häuschen wohnen, das bei ihnen im Garten steht.