
Unterwegs als Backpacker

In zwei Tagen nach Windhoek
Hier werde ich herzlich empfangen. Ich kann in meine alte Wohnung einziehen, die Fred und Steffen übernommen hatten. Jetzt endlich buche ich auch meinen Rückflug -für Anfang September. Es ist Sonntagabend und ich ahne noch nicht, dass ich früher zurückfliegen würde als gedacht.
Zimbabwe
Ilha de Mocambique
„In ein paar Jahren wird Ilha wieder in europäischer Hand sein“, sagt Handy. Sein eigentlicher Name ist Viagem, doch er sei ein praktischer Mensch, der seine Hände zu benutzen wisse, daher sein Spitzname. Handy ist 20 Jahre alt, hat sein Leben auf der Insel verbracht und weiß mehr über diese als jeder andere. Oft führt er Besucher über die Insel, zum alten Fort oder dem Sklavenhaus etwa. So auch mich, nachdem ich ihn zufällig auf der Straße treffe. Dann abends lade ich ihn auf ein Bier ein, die vier Tage auf der Insel sind genug für eine echte Freundschaft. „Wenn die Europäer wieder kommen, wird es kein Platz mehr für uns auf der Insel geben. Aber auf der anderen Seite wird die Insel dann wieder wunderschön sein.“
Wir kommen aus der alten Steinstadt auf den südlichen Teil der schmalen Insel. Hier wohnen die Einheimischen in kleineren Ziegelsteinhäusern mit Strohdächern. Da die Insel einst komplett aus Stein bestand, haben die Einwohner große Vertiefungen in ebendiesen gehauen und ihre Gebäude vor dem Wind geschützt unter dem Meeresspiegel gebaut.
Die heutige Insel hat zwei Gesichter, die koloniale Steinstadt und die tiefer gelegten Häuser der Mosambikaner. Ich versuche mir vorzustellen, wie es aussehen würde, sollte Handy Recht behalten und die Insel in wenigen Jahren wieder komplett in europäischer Hand sein.
Dass immer mehr reiche Europäer auf die Insel kommen, die bisher durch die Unzugänglichkeit des mosambikanischen Nordens geschützt war, ist sehr gut nachvollziehbar. Wir treffen zwei Südafrikaner, die Handy und mich auf einen Bootstrip einladen. Wir fahren auf eine nicht weit entfernte Insel.
Der weiße Sand und das azurblaue Wasser erscheinen unwirklich. Die Strände zählen zu den schönsten der Welt und doch haben wir die Insel für uns. Durch einen kleinen Fauxpas verlängert sich der Ausflug ungewollt. Als wir genug vom Strand haben und zurück zum Boot gehen, steht dieses auf dem Trockenen. Es dauert vier Stunden bis zur nächsten Flut, aber der schlechteste Platz zum Warten ist die paradiesische Insel sicher nicht.
Mit Zimbabwe vor Augen, packe ich meinen Rucksack, die Reise geht weiter. Zum Abschied drückt mir Handy eine alte Münze in die Hand. Sie trägt die Inschrift „República Portuguesa“. „Mit diesen Münzen haben die Portugiesen meine Vorfahren bezahlt. Meine Vater war Rikscha-Fahrer hier auf der Insel.“
Irgendwie haben es die Mosambikaner nach so vielen Jahren der Versklavung und Unterdrückung verdient die Insel für sich zu behalten!
Der schwierige Norden
Moçambique
Die Ilala
Als wir in Nkothakotha vor Anker gehen wird klar, dass sich die Reise um einige Stunden verzoegern wird. Am Strand warten hunderte Passagiere mit Unmengen an Gepaeck. Mit einem einzigen Beiboot wird das Schiff be- und entladen. Es ist Nacht, die Wellen hoch und der Wind kalt. Es ist eine stundenlange Prozedur. Riesige Saecke Mais, Moebel, Kleidung, Bananenstauden und aufgeregte Huehner werden an Bord gehievt. Ploetzlich entdecken die Passagiere des Beiboots ein Leck. Doch es muss weitergehen, ein Mann schaufelt die Wassermassen aus dem Rumpf des kleinen Bootes, waehrend dieses auf ein Neues beladen wird. Nach sieben Stunden sind wir wieder bereit zum Ablegen.
Ich bahne mir den Weg zurueck auf das obere Deck, wo es unangenehm windig ist. Die Nacht unter freiem Himmel ist rauh und zu allem Ueberfluss faengt es auch noch an zu regnen. Es ist der erste Regen seit Wochen.
Es ist 2 Uhr nachts am uebernaechsten Tag als die Faehre in die Bucht von Likoma Island einfaehrt. Im Halbschlaf schnalle ich mir den Rucksack auf und werde dann regelrecht von den Menschenmassen in das Beiboot gedraengt. Die letzten Meter an Land wate ich durch das knietiefe Wasser. Land unter meinen Fuessen! Eine absolut abenteuerliche Fahrt, fast so spannend wie ein Segeltoern.
Senga Bay
Senga Bay liegt am Lake Malawi, der sich laengs durch das ganze Land zieht. Die Atmosphaere ist karibisch entspannt, die Menschen super freundlich und das Dorf malerisch schoen. Ich bleibe einige Naechte laenger als geplant.
Nachdem ich mich auf einem kleinen Zeltplatz am Strand eingerichtet habe, gehe ich ins Dorf. Es ist komplett auf dem sandigen Ufer des Sees gebaut, wild verstreucht stehen einzelne Haeuser zwischen hohen Baeumen. Es ist schon dunkel und ich muss den Weg mit einer Taschenlampe suchen. Doch dann komme ich auf den Marktplatz, die Haendler haben Kerzen angezuendet um auch um diese Zeit noch Tomaten, Fisch und Kartoffeln verkaufen zu koennen. Ich finde ein kleines, nur schwach beleuchtetes, Restaurant. An der Wand haengen Poster mit den Mannschaften von Arsenal und Chelsae. Als die Maenner am Tisch fragen, wo ich herkomme, zeige ich an die Wand auf Michael Ballack und Jens Lehmann. “Ah Germany!”, die Maenner wissen sofort Bescheid. Auch in Malawi gibt es Nsima, das Maisgericht an das ich mich inzwischen sehr gut gewoehnt habe.
Am naechsten Tag erkunde ich das Dorf im Hellen. In der Dorfmitte, auf einem freien Sandplatz, laufe ich in Schulkinder, die hier vor einer Tafel sitzen. Andere Kinder in Schulkleidung liegen im Sand und machen offensichtlich ihre Hausaufgaben.
Aus einem Missionsgebaeude kommt eine Gruppe singender Frauenin bunten Gewaendern, einige Maenner haben ein riesiges Fischernetz ausgebreitet um es zu reparieren. Ein kleines Kind kommt auf mich zugelaufen, nimmt mich kurz an die Hand und laeuft dann wieder zu seinen Freunden zurueck, die aufgeregt lachen. Als ich kurz spaeter einer Frau begegne, bleibt diese stehen und dreht sich zur Seite, so dass ihr Kind zum Vorschein kommt, das sie auf dem Ruecken traegt. Sie zeigt auf mich und fluestert ihrem Kind etwas zu, bevor sie mich lachend mit einem “Muli bwanji!” begruesst. Das ist neu, bisher hatte ich kaum Kontakt zu erwachsenen Frauen, die sich stets im Hintergrund gehalten hatten.
Am Strand sitzen die Fisher zwischen ihren Booten und flicken die Netze. Nachts werden sie in den kleinen aus Holzstaemmen geschnitzten Booten auf den See fahren und am fruehen Morgen mit hoffentlich vollen Netzen zuruekkehren. Fuer die ganz grossen Fische gebe es bis 200 kwacha (10 Euro), erklaert Uanghi. Einer dieser Fische bringe also schon einen ganzen Tageslohn ein und überhaupt einen Tageslohn zu haben sei schon Luxus. Es sei schwer die Familie zu ernaehren, erklaert er weiter. Er sei auf seine eigenen Felder angewiesen, doch selbst ein Sack Duenger Koste schon so viel wie ein Monatsgehalt. “Wenn du willst, kann ich dich Morgen frueh mit raus auf den See nehmen. Ich habe ein eigenes Boot”, sagt er in der Hoffnung ein wenig Geld dazu verdienen zu koennen.
Eigentlich hatte ich dieses Mal meinen Rucksack gut gepackt. Doch wie immer hat sich auch auf dieser Reise das ein oder andere Kleidungsstueck als ueberfluessig erwiesen. Es kommt mir daher sehr gelegen, dass Jimmy mich fragt ob ich nicht tauschen wolle. Er zeigt mir seine Kunstwerke aus Bast und die Holzschnitzereien. Nach einigen Minuten ist der Handel perfekt, Jimmy haelt stolz meine Shorts und ein Handtuch in den Haenden, waehrend ich zwei geschnitzte Portraits in meinen Rucksack packe.