Zimbabwe


In Zimbabwe erwischt mich eine schwere Grippe. Unterwegs krank zu sein ist das Horrorszenario und nach zwei Tagen ohne Besserung bekomme ich Panik, denn Die Symptome entsprechen denen der Malaria. Couchsurfer Paolo bringt mich zum Arzt: „Keine Angst, das hier ist eine moderne Praxis, wir gehen nicht zu Wunderheilern“, versichert er mir grinsend. Nach nur einer Stunde gibt die Ärztin Entwarnung, es ist keine Malaria. “Was ist es dann, vielleicht die Schweinegrippe?“, scherzt Paolo. Doch die Ärztin zuckt nur mit den Schultern: „Durchaus möglich. Wir haben nicht die medizintechnischen Möglichkeiten das genau zu bestimmen. „Hoffentlich nicht. Schweine haben wir hier schon genug. In dem großen Gebäude in der Innenstadt meine ich“, scherzt Paolo weiter. Damit meint er das Gebäude der ZANU-PF, die führende politische Partei in Zimbabwe.

Es ist das Land, das mich auf meiner Reise am meisten überrascht hat. Es ist die Reise durch einen Staat, der sich so spürbar im Umstrukturierungsprozess befindet, dass ich das Gefühl habe durch ein Kapitel eines Geschichtsbuches zu reisen, das gerade erst geschrieben wird.
Vor zehn Jahren muss Zimbabwe einmal weit entwickelt gewesen sein, regelrecht ein Vorbild in Sachen wirtschaftlicher Entwicklung. Der Unterschied zum Norden Mosambiks, aus dem ich gerade komme, ist drastisch. Die Städte sind relativ groß, Häuser architektonisch komplex und es gibt Industriegebiete. Hier scheint es einmal sehr lebendig gewesen zu sein, sowohl wirtschaftlich als auch sozial.





Doch heute zeichnet sich ein anderes Bild ab. Gebäude sind heruntergekommen, Fabriken stillgelegt und Geschäfte verriegelt. Scheinbar ist auf nichts mehr Verlass. Fahrpläne ändern sich täglich, es gibt kaum noch Hotels und erst so langsam kehren Produkte in die mager ausgestatteten Supermärkte zurück. Auf einmal halte ich einen 100 Trillionen Zimbabwe-Dollar Schein in der Hand – er ist ein Zeuge des totalen wirtschaftlichen Kollapses und zugleich völlig wertlos. Für lange Zeit mussten die Einwohner Zimbabwes ohne Geld auskommen, erst aktuell wurden der US-Dollar und der südafrikanische Rand als Ersatz eingeführt.

Die Situation hat sich innerhalb der letzten Jahre zwar verbessert, doch noch immer leiden die Einwohner unter ständigen und lang anhaltenden Stromausfällen sowie abbrechender Wasserversorgung. Und das Leben ohne zuverlässige Stromversorgung in einem einst entwickelten Land ist abstrus. Auf alte Kühlschränke ist kein Verlass mehr, Internet gibt es nur noch sporadisch und Telefonanrufe finden selten einen Anschluss.

Aus der Not heraus haben sich starke informelle Netzwerke entwickelt. Hat man das System erst einmal durchblickt, weiß man auf welchem Privatgrundstück man Fleisch kaufen kann, wer Autos repariert und wer der beste Ansprechpartner für Importe aus dem Ausland ist. Neuwagen scheint es kaum noch zu geben. Viele Fahrzeuge sind so alt, dass sie regelrecht auseinanderfallen. Mein Taxifahrer navigiert sein Gefährt einhändig, während er mit der anderen die Fahrertür festhält, die aus den Angeln zu fallen droht. Nach Sicherheit fragt hier niemand. Ganz im Gegenteil, man ist froh, dass es ein halbwegs normales Leben endlich wieder möglich ist.


Und hinter dem großen Chaos steht ein einziges Gesicht. Es ist das des aktuellen Präsidenten Robert Mugabes, der inzwischen 85 Jahre alt ist und sich nur noch durch radikale Maßnahmen an der Macht hält. Einst war er Hoffnungsträger der ehemaligen Kolonialmacht England, die ersten seiner Amtsjahre liefen gut. Doch dann entschied sich Mugabe zur Hetzjagd auf die weiße Bevölkerung, zur radikalen Umverteilung von Landbesitz, zur persönlichen Reichtumsvermehrung und gegen die Prinzipien der Demokratie. Innerhalb kürzester Zeit kippte die Stimmung im Land, nichts sollte mehr so sein wie vorher. Auf den Abzug sämtlicher internationaler Hilfsgelder antwortete Mugabe mit dem unbegrenzten Druck von neuen Banknoten.
Immer noch steht Zimbabwe auf der schwarzen Liste vieler auswärtiger Ämter, die meisten Touristen drehen einen großen Bogen um das Land. Doch da sich die Situation beruhigt hat, ist das Reisen wieder möglich. Und die wenigen Individualreisenden, die sich heute in das Land verirren, werden mit einer beispiellos herzlichen Dankbarkeit aufgenommen. Die Menschen im Land freuen sich über jeden Besucher.



Dass Zimbabwe eines der geschichtsträchtigsten und traditionsreichsten Länder im südlichen Afrika ist, wird einem bei einem Besuch in Great Zimbabwe bewusst. Hier stießen Forscher auf die ältesten Spuren von Zivilisation in Afrika südlich der Sahara. Die heute noch begehbaren Mauerreste lassen erahnen, wie die Menschen im 11. Jahrhundert lebten. Die Stadt, in der einmal bis zu 20.000 Menschen wohnten, gilt als Geburtsort des heutigen Zimbabwes.