Ab in die Wüste

Mittlerweile hat schon meine sechste Arbeitswoche hier in Namibia begonnen. Der tägliche Weg zur Arbeit ist noch nicht langweilig geworden und wie vielfältig das Land um Windhoek herum ist, wird mir nach und nach immer bewusster. Am Wochenende habe ich mich mit Steffen und Fred auf den Weg zur Küste gemacht.
Mit einem kleinen Mietwagen fahren wir vier Stunden gen Osten. Die Fahrt über die schmale, mit unzähligen Schlaglöchern gespickte, Straße hätten sich die Autoren der Geographie-Lehrbücher nicht besser erdenken können. Zunächst ist die Landschaft entlang des Trans-Kalahari Highway noch recht grün, überall stehen Büsche und kleine Bäume. Doch nach und nach wird es immer eintöniger. Wir kommen an einem Schild vorbei, das einen Baum ankündigt. Und tatsächlich steht einen Kilometer später ein einzelner Baum am Straßenrand, unter dem wir kurz Pause machen können. Danach verschwindet jegliche Vegetation und es wird so heiß, dass wir freiwillig auf längere Pausen verzichten. Bis zum Horizont sehen wir nichts als Staub und Felsen. Keine Stunde später, kurz vor der Küste, kühlt es wieder merklich ab.






In Swakopmund machen wir einen Zwischenstopp, einige Einheimische eilen auf und zu und bietet an auf unser Auto aufzupassen, während wir zum Strand gehen. Da sie weit und breit die einzigen Menschen sind, haben wir eigentlich keine großen Bedenken, dass dem Fahrzeug in unserer Abwesenheit etwas passieren könnte, doch die Männer lassen nicht mit sich reden – sie passen auf. Und tatsächlich, als wir 5 Minuten später wiederkommen, ist der Wagen wie versprochen unversehrt. Gut, dass die Männer aufgepasst haben. Sie freuen sich über die 20 Cent, die sie dafür bekommen.
Von Swakopmund bis nach Walvis Bay (Walfisch-Bucht) ist es nicht weit. Doch diese letzten 30 Kilometer sind spektakulär. Links neben uns tauchen die ersten Sanddünen der Wüste Namib auf, während rechts die Wellen des Atlantiks stranden. Ein bizarrer Anblick. In Walvis Bay werden wir von Captain Mansur begrüßt, der sich nicht nur so nennt, sondern wirklich einen Frachter durch die Ozeane manövriert. Captain Mansur kommt aus Pakistan und ist per Schiff unterwegs, seitdem er 19 Jahre alt ist. Über Couchsurfing hatte ich Kontakt zu ihm aufgenommen und somit können wir kostenlos in Walvis Bay übernachten, wo der Kapitän zur Zeit ein kleines Haus hat. Walvis Bay wirkt verlassen und dafür, dass es Namibias zweitgrößte Stadt ist, sehr klein. Aber genau wie in Windhoek existieren scheinbar auch hier zwei parallele Welten. Die kleine moderne Innenstadt und weiter außerhalb die riesigen Slums.

Sehr komfortable Couchsurfing-Unterkunft in Walvis Bay



Inzwischen ist es später Nachmittag. Mit dem Auto fahren wir einige Kilometer in die Namib. Hier steht Düne 7, die größte Sandformation im Umkreis. Vor der Düne stellen wir das Auto ab, passend zum Sonnenuntergang wollen wir oben sein. Schnell noch die Schuhe ins Auto, Klappe zu…Und damit ist das Auto sicher verschlossen, leider samt Schlüssel. Die Sonne droht hinter der Düne zu verschwinden, meine Vorfreude auf den gemütlichen Abend versinkt davor. Doch einige Meter entfernt sitzen einige Afrikaner um ein Lagerfeuer. In meiner Verzweiflung frage ich nach Hilfe und entfache damit einen Wettstreit unter sechs Männern, die zeitgleich versuchen mit Drähten und Schraubenziehern in das Fahrzeug einzudringen. Lange verzweifeln sie am jungen Baujahr des Wagens, doch irgendwann springt die Fahrertür auf, ein Jubelschrei geht durch die Menge. Die Männer setzen sich wieder an ihr Feuer, ich schnappe mir den Schlüssel und spurte in Richtung Düne. Zwanzig Minuten später erreiche ich die Kuppe, wo Fred und Steffen schon auf mich warten. Gerade noch rechtzeitig. Was folgt ist der wohl beeindruckendste Sonnenuntergang, den wir je erlebt haben. Vor uns liegt die unendliche Sandlandschaft der Namib, die von der Sonne in rötliche Farben getaucht wird. Verzaubert von der einmaligen Atmosphäre genießen wir den letzten Sommerabend diesen Jahres, denn heute werden die Uhren in Namibia auf Winterzeit umgestellt. Aber von Winter ist nichts zu spüren, wir liegen noch im warmen Sand, als die Sonne schon längst weg ist und der Mond über den Dünen leuchtet. Was für ein Tag.


Oben angekommen


Doch das ist nicht alles, was die kleine Küstenstadt zu bieten hat. Am nächsten Morgen fahren wir in die nur wenige Hundert Meter entfernte Lagune. Die Lagune von Walvis Bay ist die wichtigste Anlaufstelle für Vögel im südlichen Afrika und besonders bekannt für die unzähligen Flamingos. Wieder einmal zeigt sich ein abstruses Bild. Als wir mit dem Auto über einen Schmalen weg weiter auf den Landzipfel hinausfahren, sehen wir auf der einen Seite die Flamingos im Wasser, hinter uns die hohen Dünen der Namib und auf der anderen Seite eine schneeweiße Landschaft. Auf einer Fläche von 3500 Hektar wird hier das Salz Südafrikas gewonnen. Wir fahren weiter, bis der feste Weg aufhört und ein Weiterkommen ohne Allradantrieb unmöglich ist. Kaum sind wir ausgestiegen und einige Meter am Strand entlanggegangen, springt direkt vor uns ein Seelöwe aus den Wellen. Es folgen drei weitere. Wir sehen uns an und müssen lachen. Dass wir noch vor 14 Tagen zusammen im nicht allzu weit entfernten Harnas zwischen Löwen, Zebras und Pavianen übernachtet haben, kommt uns jetzt völlig irreal vor.